Dienstag, 9. März 2010

Strelitz und: Die nackte Wahrheit

Als Strelitz in die Pubertät kam, gab es für ihn im Sommer nichts schöneres als mit dem Fahrrad in den Wald zu fahren, dort ins Unterholz zu gehen und sich nackt auszuziehen. Dann fühlte er sich frei, rannte durch den Wald und war bemüht, niemanden zu erschrecken.

Er träumte davon, wilde Orgien zu feiern, in der Sauna nach Herzenslust die Sau raus zu lassen und fragte sich, wo denn das ' gute Gefühl ' bleibt, da er sich doch schon wieder stark erregt hatte, als er am SexShop in der Herrnstraße vorbeigegangen war.

Strelitz regte sich jedes mal furchtbar auf und lief mit hochrotem Kopf und der Faust in der Tasche am Geschäft vorbei, doch das ' gute Gefühl ' kam und kam nicht. Und er regte sich darüber auf, dass sich in seiner Hose etwas regte, wenn er an dem Geschäft vorbei ging, aber: Wenn er sich richtig erregte, dann ging auch das wieder vorbei!

Er bat Gott darum, die Sex-Welle bitte nicht ausrollen zu lassen, bevor er achtzehn Jahre alt war. Wenigstens einmal wollte er den Film 'Pärchenknall im Hühnerstall' sehen; noch verführerischer schien wohl nur der erste afrikanische Sexfilm in deutschen Kinos zu sein: 'Das schwarze Loch', aber warum spielten in letzerem Roboter mit? Wahrscheinlich weil die Afrikaner so richtig schön pervers sein konnten.

Aber Strelitzs Zeit wollte einfach nicht vergehen. Und das gute Gefühl blieb weiter aus.

Der Urlaub in Dänemark half nicht viel weiter, denn seine Eltern ließen ihm nie genug Zeit um die Titelbilder der Hefte zu betrachten, die dort an Kiosken aushingen, bei uns zuhause aber höchsten unter dem Ladentisch gehandelt wurden. Auch im nächsten Frühjahr in Holland musste er mehr Zeit in Madourodam verbringen als mit den Damen des 'Madouro'-Clubs, obwohl die wirklich alles für ihn getan hätten, jedenfalls solange die Gulden stimmten.

Strelitz wurde fünfzehn und hatte immer noch kein ' gutes Gefühl ' bekommen. Wenigstens fand er bei einer Sperrmüllsammlung doch noch die ersehnten dänischen Hefte. Mein Gott, dachte Strelitz, und das soll Spass machen. Weiber machten Turnübungen in allen Verrenkungen und immer kam ihnen was dazwischen. Und auch die Aussicht auf Mr. Bigs bestes Stück erheiterte ihn nicht sonderlich, denn Strelitzs Beweise lagen auf der Hand.

Mit sechzehn verliebte er sich zu ersten Mal und dachte nur an das eine, während dem seine Liebe das eine lieber machen wollte und sich hierfür jemanden anderes suchte. Wie gut, dass er damals schon verstand, was "...you're a devil in desguise..." bedeutete.

Am längsten war für Strelitz sein siebzehntes Lebensjahr; zäh wie Honig zog es dahin und klebte dazu noch überall fest. Wie gut, dass er den Führerschein machte und ab und zu auf Gewerkschaftslehrgang war - das lenkte ab! Brüderschaft trinken, schön und gut. Strelitz wollte aber endlich die Schwesternschaft flachlegen.

Und es geschah, dass er achtzehn Jahre alt wurde: Den Ausweis fest in der Hand betrat Strelitz am Tage nach seinem 18. Geburtstag zu ersten Mal die geweihten Hallen eines Sex-Kinos. Frei hatte er sich genommen, damit er den angekündigten 'Non-Stop-Film' bis zum Ende ansehen konnte. 'Pärchenknall im Hühnerstall' gab es nicht mehr, denn die Sex-Welle war doch schon ausgerollt. Das war aber nicht sooo schlimm, denn sein erster Film hieß ja 'Pornoknall im Hühnerstall'.

Für 14 Mark Eintritt gab es auch noch ein Getränk gratis und Strelitz bestellte Bier, obwohl er sonst niemals Bier trank, aber das war männlicher. Was er dann sah, veränderte sein Leben grundlegend, denn so einfach hatte er sich das Ganze nicht vorgestellt. Da hatten seine Beweise jahrelang auf der Hand gelegen und er hätte einfach nur zupacken müssen und die Post wäre genauso abgegangen wie bei Senor Sancho und seinem redenden Schwanz.

Scheisse, dachte Strelitz, ging nach dem Kinobesuch schnurstracks in die nächste öffentliche Bedürfnisanstalt und legte selbst Hand an sich an.

So lernte er an diesem Tag Anfang Dezember nicht nur sein ‚gutes Gefühl' kennen, sondern bemerkte zudem, dass durch seine Aktion auch in der Nebentoilette spannende Aktionen begannen. Sozusagen gab es damals als besonderes Extra eine kleine Orgie; je nachdem von welchem Standort Mann es betrachtete.

Nach alledem wurde Strelitz aber klar, dass ‚Die nackte Wahrheit' meist eine Verkettung von Missverständnissen ist.

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