Dienstag, 9. März 2010

Strelitz bekennt sich zu: Methoden des Schweigens

Wenn jemand schweigen will, so erzählte mir Strelitz, dann sollte der sich schon ein paar Gedanken darum machen, wie er es am besten anstellt.

Zuerst sollte man das letzte Wort bedenken, sagte Strelitz, das man zu sprechen beabsichtigt; einfach nur so zu schweigen ist tunlichst zu vermeiden. "Das ist jetzt das letzte Mal, dass ich Worte benutze." klingt zwar ein wenig nach Madonna, wäre vom Grunde her aber schon nicht schlecht, wenn nicht das Wort "benutze" am Ende stehen würde, denn Endungen wie "utze" oder aber "ehr" (weltbekannt z. B. aus: "Jetzt sag ich gar nichts mehr") sind dem Anlass nicht entsprechend. Es empfiehlt sich daher, sagt Strelitz, dem Satz ein einzelnes Wort nachzuschieben, wie z. B. "Leute". Etwa in dem Sinn, das man sage würde: "Das war's jetzt, Leute". In Einzelfällen kann eine Kombination von zwei Wörtern zu empfehlen sein wie "Auf wiederhören!". Ab drei Wörter jedoch, sagt STrelitz, hört der Spass auf und fängt ein neuer Satz an.

Zweitens macht es sich nach Strelitz notwendig, dass man über die Zeitdauer des Schweigens nachdenkt. Mancher will ja sogar zum Mönch werden, gleichsam sein Schweigegelübde ablegen und das nur, weil er denkt, das Schweigen Gold sei. Dabei vergisst er, dass er als Mönch ohnehin auf alle irdischen Güter verzichten muss. Da hätte er ja auch dem Orden der schwatzhaften Brüder beitreten können. Also: Den Kopf freimachen und nachdenken. Will man nur wegen des Partners schweigen, man nennt dies das "Schweigen in Sch-Moll", dann kommt man mit ein bis zwei Tagen klar und sollte eine entsprechende Kondition mitbringen, damit die anschließende Versöhnung nicht zu sehr an die Substanz geht.

Das "morbide Schweigen" (also: "Ich schweige wie ein Grab"), sagt Strelitz, bezieht sich auf eigentlich uninteressante im Wesentlichen aber den Lauf der Welt kaum verändernde Begebenheiten des Alltagslebens und hat erschreckende Halbwertzeiten. Schon nach wenigen Minuten, oft sogar sofort nach dem Verschliessen einer Tür, hat dieses Schweigen ein Ende und gilt somit entgegen seinem Bezug zu Friedhöfen mit Ruhezeiten von etwa 25 Jahren als eines der kürzesten Schweigen an sich.

Mit Abstand am kürzesten ist jedoch nach Strelitz das "verschobene Schweigen", welches überwiegend von sehr redseligen Menschen praktiziert wird, die entsprechend ihres Naturells sagen: "Ich schweige ... aber erst morgen!". "Langes Schweigen" hingegen, so Strelitz, findet man meist bei älteren verheirateten Paaren aber auch bei alleinstehenden Menschen. Die Ferstellung "Ein Kavalier genießt und schweigt!" mag vielleicht stimmen, sagt Strelitz. Leider fände man heutzutage zwar immer noch ausreichend Geniesser wie Schweiger, allein an Kavalieren magele es, sagt Strelitz und damit an der eigentlich perfekten Kombination von "Benimm und Verstumm".

Getreu dem Motto "Ehrlich währt am längsten" verstummen laut Strelitz jedoch am erfolgreichsten diejenigen Menschen, die der Welt nichts mehr zu sagen haben und das in weiser Selbsterkenntnis dadurch umsetzen, dass sie sich aus ihr zurückziehen.

Letzten Endes, sagt Strelitz, habe man aber auch zu beachten, warum man eigentlich schweigen wolle. Verschiedene Prozedere wie das bereits zitierte "Schweigen in Sch-Moll" oder das Schweigegelübde legte er mir dabei nahe.

Das perfekteste Schweigen aber schaffe, so Strelitz, derjenige, der sich ohne Vorwarnung und nur mit dem Wörtchen "... so ..." ganz sachte und sanft, wie einst der kleine Prinz Saint Exupéry zu Boden gleiten lässt um dort für immer zu verweilen. - Ihm gelingt, sagt Strelitz, das, was allen anderen verwehrt bleibt: Er redet wirklich niemals wieder ein Wort.

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