Dieser Einkauf am 8. Januar 2002 veränderte für Strelitz wurde alles und Albert Onestone durfte ruhig stolz auf ihn sein.
Strelitz war bei LIDO einkaufen, als er feststellte, dass Zeitreisende seit neuestem im Familienverband unterwegs sind. Nicht dass an den beiden Kindern und ihrer Mutter äußerlich irgendetwas absonderlich gewesen wäre. Gut, die Mutter sah so aus, als hätte Seven-Of-Nine gerade neue Bio-Implantate erhalten, aber was tut man, auch in der Zukunft, nicht alles für die Schönheit.
Das Mädchen näherte sich den Körben mit den Laurel-&-Hardy-Videos, 6 Euro 15 Cent im Sonderangebot. Strelitz stand schon dort und versuchte sich zwischen einer Best-Of-Cassette von Hal Roach und "Saps at Sea / Laurel & Hardy auf hoher See" unter der Regie von Gordon Douglas zu entscheiden. "Da sind sie ja", sagte der Junge, "der Dicke und der Dünne. Die sollen weltenbekannt sein für ihre lustigen Filme". "Weltenbekannt" hatte der Junge gesagt, Strelitz hatte es ganz genau gehört. "Ach, so sehen die aus", sagte das Mädchen zu ihm und schloss mit der Erkenntnis "Gut zu wissen". "Aber da soll es noch so einen gegeben haben", fuhr der Junge fort. "Ich glaube der heißt Charles Caplone und der war bekannt für seine dummen Sprüche."
Strelitz schwankte zwischen der Annahme, dass die Datenbanken von Weltraumkreuzern dringend gepflegt werden müssten, und der Hoffnung, dass man inzwischen doch in der Zeit reisen könne und Charles Caplone würde vielleicht erst in 150 Jahren der größte Sprücheklopfer aller Zeiten sein. Derweil gingen die Kinder weiter im LIDO spazieren. "Oh schau doch mal, Stachelerdbeeren!", sagte das Mädchen aufgeregt. "Das sind Litchis", verbesserte ihre Mutter. "Die sehen nur so aus wie Erdbeeren mit kleinen Stacheln, aber die sollen ganz anders schmecken." "Und angebaut werden sie auf Madagaskar. Das war ‘mal eine Insel vor dem Afrikanischen Kontinent", ergänzte der Junge.
Strelitz hatte plötzlich die vage Hoffnung, dass hier und heute bei LIDO neben Laurel-&-Hardy-Videocassetten auch Beweise für die Richtigkeit von Onestones Theorie der Raum-Zeit-Krümmung ausgeliefert werden. Und er musste gar nicht lange darauf warten. "Wahrscheinlich war das Atlantis 2", führte die Kleine den Satz ihres Bruders fort. "Ich bitte EUch: seid nicht so albern unter den vielen Leuten hier", ermahnte die Mutter ihre Kinder. "Wir müssen schließlich noch ein paar Kleinigkeiten einkaufen." Strelitz dachte dabei an Wandelstromspulen, echten Gemüsemais und ein Paar Zahnbürsten. "Wo sind denn hier Zahnborsten", fragte der Kleine um dann entrüstet nachzuschieben "oder gibt es hier so etwas nicht?"
Doch, doch, wollte Strelitz sagen, auch früher haben sich Menschen die Zähne mit primitiven Hilfsgeräten geputzt, nicht so oft, allerdings mit zunehmendem Alter immer öfter. Plötzlich aber gab es leichte Stromschwankungen und im Discountmarkt gingen einige Neonröhren kurz aus und dann wieder an. Strelitz vermutete, dass der Vater draußen am SpaceWagen gerade den Anlasser betätigt hatte. Richtig: "Jetzt aber schnell.", sagte die Mutter. "Wir bezahlen und dann geht's wieder zurück." Wahrscheinlich nach Beteigeuze. Derweil fragte der Junge interessiert "Was'n das da?", als die Waren über den Scanner gezogen wurden.
"Das macht 27 Euro und 34 Cent. Aber sie können auch in DM bezahlen", sagte die freundliche Verkäuferin, die diesen Satz inzwischen auch ihren diversen Discobekanntschaften vor dem zu Bett aufsagte - man darf ja nicht aus der Übung kommen. Das Mädchen schaute sie an und fragte: "Wieso DM?" - Richtig, diese Frage hatte noch gefehlt und wäre zum Beipiel schon im Jahre 2012 ebenso angebracht gewesen. "Seid nicht so vorlaut, wir müssen jetzt", sagte ihre Mutter und legte abgezählt 27 Euro und 34 Cent auf den Tresen. Falschgeld oder echtes, fragte sich Strelitz und wnschte sich es testen zu können. Die echten Euro-Scheine knistern, wenn man sie anzündet, hatte erste gestern jemand im Fernsehen gesagt.
Als Strelitz nah draußen ging, waren die beiden Kinder und ihre Mutter verschwunden. Die Welt ging ihren gewohnten Gang. "Gabi-e, kannst mir'n Eis kaufen-e?", sagte ein anderer Junge zu einer anderen Mutter. Alles war wie üblich. Keine Spur mehr von den Zeitreisenden. Strelitz wollte gerade losfahren, da stieg er nochmals aus und ging wieder hinein in den LIDO. "Eis kaufen-e" ... am 8. Januar, das haben wir gerne, murmelte er. O.K., der Dialekt stimmte zwar, aber sonst?
Fast wäre er darauf reingefallen. Auf die Selbstverständlichkeit von Einsteins Prinzip der Raum-Zeit-Krümmung. Dieses Mal, so schwor sich Strelitz, wollte er alles ganz genau beobachten.
Dienstag, 9. März 2010
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