Dienstag, 9. März 2010

Der 30. April

Es ist der 30. April. Nachmittags. Strelitz läuft durch das Bürgerhaus Goldstein. Dort hatten Mitte der Achtziger Jahre immer die Frankfurter Synthesizertage stattgefunden. Im Festsaal stehen Stühle und Tische; alles ist vorbereitet für den Tanz in den Mai. Er geht zur Bühne. Er stehen ein Schlagzeug, ein Ständer mit einer Bassgitarre, einer mit einer E-Gitarre, ein Keyboard und drei Mikrophone samt Ständer. Links und rechts sind zwei kleine BOSE PA-Boxen und jeweils eine Bass-Box. Auf der Bühne sitzt ein junger Musiker und stimmt seine akustische Gitarre.

Strelitz spricht einen Musiker an, der seine Effekgeräte verkabelt und spricht ihn an: "Western Gitarre? Von Fender? Stark! Ich hatte auch so eine. Ne‘ F-25. Werde ich nie vergessen. Toller Sound. Ja, die von Fender konnten eben nicht nur E-Gitarren bauen. --- Ich hab ja auch mal hier gespielt. ’86 mit Gavand Art. Tolle Atmosphäre. Darf gar nicht dran denken. Wir hatten damals einen echten Chapman Stick. So was gibt’s heute gar nicht mehr. --- Und ihr? Wollt heute Abend hier spielen? Was kriegt ihr denn so? --- Klar, über Geld spricht man nicht - Geld hat man. Ja, wir ham ja damals ganz gut verdient. Lief ja auch ganz gut. 26 Wochen in den Synthesizer Charts des Melody Maker. Ich meine in den Top-10. Heute gibt’s den Melody Maker gar nicht mehr. Hätt‘ ich nie gedacht, dass der mal kaputt geht. Der Melody Maker. Das war die Institution. Wer’s da rein geschafft hatte, der hatte es wirklich geschafft. 26 Wochen - darf gar nicht dran denken. Und später, als ich bei Bestside war, also eine 1a Plattenfirma. Nur der Boss war so’n Arschloch. Horst A. Fein. Wir sagten immer: Horst ‚Arschloch‘ Fein. Kam nie mit der Kohle rüber. Hatte immer so’n Spruch wie: ‚Also jetzt ist es gerade ungünstiStrelitz Eure letzte Maxi hat sich nicht so gut verkauft. Du wir mussten einiges in die Werbung stecken. Aber bald geht’s wieder besser‘. Horst A. Fein. Schon lange her. --- Kennst Du ‚Magic Cry‘? --- Nein, nicht von Space. Das war ‚Magic Fly‘. Ich meine ‚Magic Cry‘. !988 Grand Prix Vorausscheid in Bremen. Hat damals einen dritten Platz belegt. Das war’n wir. ‚Magic Cry‘ - Was für ein Knaller. Wir waren ‚Band of the Week‘ bei Radio Centafiori in Verona. Vom 23. bis zum 30. Juni ’88. ‚Band of the Week‘!. Ich hab‘ zuhause noch die goldene Schallplatte hängen: ’Twentysix weeks Top-Ten in the Melody Maker Synthesizer Charts‘. --- Und was spielt ihr so? --- Coverband, ah! Davon gibt’s heute ‘ne ganze Menge. Alles rauf und runter in den Charts. --- Ach, das iss ja en DinStrelitz Euer Gitarrist hat sich die Hand geprellt, kann nicht spielen. --- Und du bist Keyboarder und sollst jetzt die Gitarre spielen. --- Hier - halt einmal! Ich hab da gerade so ‘ne gute Idee. Ich könnte doch... --- ...also ich kann noch alles: ‚Sweet Home Alabahma‘, ‚Listen to the Music‘ und die neuen Sachen sind auch nicht so schwer: ‚I’m you Mate‘, ‚One Day in your Life‘, ‚Engel‘ - Einmal gespielt, immer gespielt. --- Wie? Das macht das Keyboard jetzt ganz allein. Als elektronische One Man Band. --- Da kann man halt nichts machen. Ich spiel‘ ja außerdem gar nichts mehr. Hatte vor ein paar Jahren ein gutes Angebot von einer Plattenfirma bekommen. Italienische Glasurglanzfliessen. Die betreue ich jetzt in 16 Baumärkten südlich des Mains. ‚Camporra‘, eine der besten Marken. Kennt eigentlich jeder, die Fliessen. --- Na, ja! --- Dann nichts für ungut. --- Man sieht sich..."

Der Musiker verkabelt immer noch seine Effektgeräte. Strelitz verlässt den Raum.

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