Dienstag, 16. März 2010

Strelitz schreibt den: Monolog eines Frotteehandtuchs während eines Saunabesuchs

Scheiß heiß hier. Und der Dicke, mit dem ich hier in die Sauna gekommen bin, dem läuft der Schweiß schon in Strömen. Wenigsten duschen hätte er sich mal können. Dann wär mir jetzt wenigstens schon ein wenig kühler. Aber nein, er hat wieder einmal nur simuliert. Dusche an, gekuckt ob niemand zuschaut, einmal schnell benetzt und dann die Dusche wieder aus. Hauptsache, dass ein paar Wasserperlen auf der Haut sind. Und dann nichts wie ab in die Sauna. Also, ich finde das sowieso ziemlich ungerecht, dass ich in der Sauna meistens weggelegt werde und nichts davon mitbekomme, was abgeht. Sehen kann ich zwar nichts, aber fühlen. Einmal hat mich ein junges Mädchen genommen und ihren ganzen Körper mit mir abgerubbelt. Das war toll. In was für Kanten und Ecken ich da gekommen bin.

Als sie fertig war, hat sie mich wieder zurückgelegt, als sei nichts geschehen. Dann kam mein Dicker und hat sich gewundert, dass ich schon ganz schlapp war. Aber es kann auch ganz anders kommen. Beim vorletzten Mal hat mich eine ältere Frau gepackt und gezwungen, Dinge zu machen, die ich freiwillig niemals mitgemacht hätte. Zum Beispiel mehr als eine Minute lang ihr den Rücken schrubben und danach noch ihre Zähne dazu. Und als mein Besitzer kam, tat sie so, als könne sie nicht mehr richtig sehen, sagte: Ach, das ist ja gar nicht mein Handtuch und redete sich raus. Da hab ich geschrieen: Alles geschwindelt - die Frau lügt! Aber keiner hat mir geholfen.

Aber ich bin ganz froh, dass ich bei meinem Dicken bin. Vorher war ich bei zwei Brüdern. Der eine hatte mich zum Geburtstag geschenkt bekommen, aber es hat ihm nie jemand gesagt, dass ich ein echtes Saunahandtuch bin. Die zwei haben sich immer gestritten und dann wurde ich gerollt und ich durfte losdreschen. Mann, hat das weh getan. Einmal schlug ich einem eine blutige Nase. Die hat er sich dann auch noch auf mir abgewischt. Oder ich wurde als Strandtuch benutzt. In den Dreck gezogen oder einmal sogar verbuddelt. Das war’s dann. Zwei Tage lag ich im Sand, dann holte mich der Verbuddler wieder raus. Es war ein Freund der beiden Brüder. Der legte mich in seiner Badewanne in Wasser und Waschmittel ein und säuberte mich. Nach dem Trocknen war ich ganz platt. Dann brachte er mich auf einen Flohmarkt und verkaufte mich für drei Euro an meinen Dicken.

Seitdem gehe ich regelmäßig einmal im Monat mit ihm in die Sauna und gehe dort meinen Pflichten nach. Denn ich muss ja meinem Retter dankbar sein, dafür, dass er mich hierher geholt hat. Da wo ich vorher war, gab es für mich keine Zukunft. Jetzt aber, da habe ich die Chance, dass mich einmal ein berühmter Sportler mitgehen lässt um mich im Fernsehen zu benutzen. Einmal nur in Wimbledon im entscheidenden Satz des Finales, kurz vor dem Matchball, über dem Kopf des späteren Siegers liegen und den Moment genießen; das wäre mein Traum. Und für diesen Traum werde ich hart arbeiten. Ich bin mir sicher, dass ich es schaffen kann. Jawohl, ich werde es schaffen. Hallo Deutschland, hier ist das Original-Handtuch aus dem Wimbledon-Finale 2003. Hallo, wollen Sie nicht aufstehen und mich zu sich nehmen. Hallo, mein Herr, hier bin ich ...

(Nachtrag: Dies wurde geschrieben als Auftragstext für Christine Paul)

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