Dienstag, 16. März 2010

Strelitz ist: Gottes Terrorist

"UM GOTTES WILLEN",
schrie Strelitz
und verließ fluchtartig den Planeten.

Strelitz und ein: Offener Brief an Heino

Sehr geehrter Herr Heino,

als Literatender ohne feste Antwort gehöre ich eigentlich nicht zur gleichen Kunstsparte. Dennoch möchte ich mich bei Ihnen als Vorprogramm bewerben!

Wenn man aber darüber nachdenkt, passt es aber doch schon ganz gut. Sie singen davon, wie schön die Welt ist und so weiter und ich schreibe darüber. Leider kommt die Welt bei mir nicht ganz so gut weg, wie in Ihren Liedern.

Beim zweiten Nachdenken erkennt man sogar: Sie bewegen die Menschen mit deutschem Liedgut und mir gelingt dies mit deutschen Texten. Hier also mein Angebot:

Ich trete als Vorprogramm auf mit meinen Texten und mache Ihr Publikum so richtig depressiv. Wenn das Publikum dann in tiefe Schwermut verfallen ist, dann kommt Ihr großer Auftritt.

Sie werden das Licht und die Hoffnung für die Menschen im Saal sein. Bei der U.S. Army funktioniert das nicht anders, ebenso bei Scientology ...

Ich hoffe auf ein Engagement Ihrerseits.

Herzlichst Ihr

Strelitz

Strelitz findet alles: Einfach geil!

(introducing: Gretchen)

Ein Hauch von ‚Deutschland sucht den Superstar‘ wehte durch das "Hotel Graf" im Herzen der Kleinstadt: Ein lokaler Musikveranstalter rief auf zum "Rampenfieber-Wettbewerb + Plattenvertrag" und STrelitz war dabei. "Die Leistungen reichen von Katzengejammer bis zu Popstar-Niveau", schätzte Jury-Mitglied Tom Haberle, der Marketingleiter der örtlichen Sparkasse die Lage vorab ein. Tom Haberle stand einst selbst als Musiker auf der Bühne; in den Achtzigern mit seiner Band "Frontal Hamer Sunburst".

Im Gegensatz zum Fernsehen gab es beim diesjährigen "Rampenfieber"-Wettbewerb keinerlei Altersbeschränkung und nicht nur Sänger durften mitmachen, sondern auch Künstler anderer Sparten; Strelitz hatte sich als Dompteur angemeldet. Schlagersänger Roy Schmidt gab sich gegenüber der Lokalpresse geschwätzig: "Im Vorfeld hatten wir fast 100 Bewerbungen, von denen wir ein Fünftel ausgewählt haben". Roy, der mit bürgerlichem Vornamen Robert heißt, hatte mit seiner Agentur "Miete einen Star" den Wettbewerb vor vier Jahren ins Leben gerufen, zu einer Zeit, wie er mehr als oft betont, in der noch niemand beim Fernsehen an Talentshows gedacht habe. "In gewisser Weise", so zitierte ihn etwa das "Güstrower Tagblatt", "hat in Deutschland ja alles mit uns angefangen", was STrelitz durchaus bezeifelte, hatte er in seiner Jugend doch oft den Talentschuppen im Scharz-Weiß-Fernsehen geschaut.

Die Bühne im "Hotel Graf" war übersichtlich und die Juroren achteten durchaus auf die künstlerische Qualität, vor allem in Punkte Kreativität und Eigenleistung. In die Wertung sollten, so Jurymitglied Tom Haberle, nicht nur die Leistung an sich, sondern auch die Erscheinung auf dem Podium, die Publikumswirkung und die Medienwirksamkeit der Darbietungen einfließen, weshalb Strelitzens die Hamsternummer mit dem Todessprung durch das Laufrad und dem Über-Kopf-Hängen am Oberteil des Hamsterkäfigs ersatzlos gestrochen wurde. Nur gut, dass er sich mit einer weiteren Nummer angemeldet hatte.

Besonders anrührig kam übrigens die Darbietung von Angie Böhm an. Angie war nun schon zum fünfzehnten Mal bei einer Castingshow dabei. "Die Musik ist mein Lebenswerk", sagte die 43-Jährige, ansonsten derzeit arbeitslose Sängerin zum Publikum und fügte, effektvoll ein Tränchen verdrückend, dass ihre Eltern ihr einst ein Musikstudium verwehrt hätten. Mit ihrem ersten eigenen Titel, der kongenial für ihre Bemühungen um Erfolg "Tränen der Nacht" hieß, trat sie an - und manche Zuschauer hatten tatsächlich ebensolche in den Augen. - Angies Manager, Lazlo Cléver, der nebenbei auch Vertreter einer großen Badischen Versicherung ist, deren Prospekte er auf den Tischen auslegte, war sich nach Angies Auftritt sicher: "Einmal hat sie zwar kurz gestottert, aber sonst lief es sehr gut. Diesmal klappt es bestimmt mit dem Plattenvertrag."

Dieses Ziel hat Marion Zickerl schon erreicht. Die 17-Jährige gewann den "Rampenfieber"-Wettstreit im vergangenen Jahr, wie Roy Schmidt stolz verkündete. Gerade sei ihre erste CD, produced by Roy Schmidt, auf dem Markt erschienen und die heißt "Frieden in allen Ländern". MarZi, so inzwischen der Künstlername von MArion Zickerl, berichtet dem Publikum nur zu gerne, dass sie mittlerweile sogar bei "Pan", der Band von Roy, eingestiegen sei. Der sei wie ein Vater zu ihr, vor allem, wenn sie für ihn auf der Panflöte spiele. Trotz dieser Erfolge wage sie sich jedoch noch nicht zu einem der Superstar-TV-Castings, sagt MarZi, denn "vor Dieter Bohlen habe ich zu viel Respekt." Deshalb trete sie lieber weiter mit Roy Schmidt auf als Duo "MarZi & Pan".

Dann kam STrelitz mit seinem dressierten Dalmatine namens Gretchen. Gretchen schlief uf Kommando auf der Bühne ein und lies sich auch duch gutes Zureden der Jury nicht von der Bühne. Strelitz sagte mit resignierendem Unterton, dass er da machtlos sei, denn wenn Gretchen erst einmal schlafe, dann könnten sie keine zehn Pferde wecken, was das Publikum mit Grölen und Applaus feierte, der sich ins Frenetische steigerte, als die Jury mehrfach erfolglos versuchte, den Dalmatine von der bÜhne zu zerren. In ihrem Schlaf fletschte Gretchen die Zähne und kralle sich am Bühnen bodne fest. Erst als man Strelitz und Gretchen den Sonderpreis der Jury versprach, wachte der Hund mit einem Mal auf, schüttelte sich, trabte dann frohgelaunt von der Bühne und das "Ramnpenfieber" konnte weitergehen.

Dieses Mal fiel der Hauptpreis der Jury, welcher neben Roy Schmidt, Tom Haberle und MarZi noch der Hotelchef und Ausrichter Udo Graf angehörte, erneut auf ein junges Mädchen: Katleen Törner, gefährliche 15, aus einem Örtchen in der Nähe von Görlitz gewann den fünften "Rampenfieber"-Talentwettbewerb. Seit vier Jahren würde sie, wie sie stolz verkündete, regelmäßig Gesangsunterricht nehmen und sowas zahle sich, neben ihrem "griffigen Namen" (so Roy Schmidt, der die Begründung der Jury verlaß), nun also aus.

Die "Stimmungs-Kanone" als Trophäe für nicht singende Künstler, verteidigten die Sieger des Vorjahres: Die Showtanz-Gruppe "InTuneStudio 32" aus der Nähe von Bretten bei Karlsruhe, wo übrigens Roy Schmidt geboren ist. "Die Entscheidung war sehr eng", sagte Juror Tom Haberle dem Publikum, der sich trotz seiner Funktion nicht gerne mit Bohlen vergleichen lässt. Knapp hinter den Siegern landete die lokale Tanzgruppe "Daniel plus Sahne", die mit einem bebrillten Vortänzer glänzte und damit in der Gunst des Publikums weit vorn lag. Sie räumten am Ende auch den Publikums-Sonderpreis ab: Einen Auftritt als Vorprogramm der Silvestergala von Roy Schmidt. "Einfach geil", fand Strelitz den Sonderpreis für sich und Gretchen: einen Fleisch- & Wurstgutschein der Fleischerei Insterburg, seit 1876 eine der führenden Fleischereien in Mecklenburg.

Einzig Angie Böhm gewann gar keinen Preis udn wurde von Tom Haberle getröstet. "Du schaffst es beim nächsten Mal ganz bestimmt", sagte er zu Angie und deren Tränen waren dieses Mal ganz echt. Und er muss es ja schließlich wissen, hat er doch über seinen Sparkassenjob hinaus durchaus Ahnung vom Musikbusiness und ist wahrlich kein Unbekannter in der Szene, denn schon lange bevor die Talentshow "Rampenfieber" eingeführt wurde e, war Haberle unter seinem früheren Künstlernamen Chef der härtesten Softrockband der Welt. - Und wer kennt sie nicht, die auch heute noch härteste Softrockband der Welt: "Steve Mütterchen und die Libellen."

Strelitz und die: Addition von Titeln

„Der schwere Mut überfiel Strelitz
und versuchte ihn auszurauben.
Reine Nervensache, dachte er sich.

Deutsche machen Musik bei der Arbeit.
Gute Unter-Haltung zwar, korrekt,
aber trotzdem eine Form von Gewalt.

Doch Wunder, Kinder, gibt es immer wieder.
Zum Beispiel den Golem von Lemgo
Non Stop in der Mailänder Richter-Skala.
Da macht einer für alle Musik und
die Städte sehen aus wie schlafende Hunde
im Sternzeichen Sündenbock.

"Brille!", schrie Strelitz, "Dein ist mein ganzes Herz,
ich brauch Dich jetzt, Du alter Ego!"

Da wachte Strelitz auf, ohne geschlafen zu haben
und Gott sprach zu ihm:
"Das ganze Leben ist möglicherweise ein Walzer.
Darum pass auf und verlasse Dich niemals ganz."

Strelitz bedauert: Die Selbstmörderin

In Ho-Tschi-Min-Stadt wollte sich eine Selbstmörderin in einen mehr als 100 Meter tiefen Abgrund stürzen. Immer mehr Schaulustige versammelten sich auf einer nahegelegenen Hängebrücke um mit ansehen zu können, wie sich die Frau im nächsten Moment in den Tod stürzt. Plötzlich riss ein Seil der völlig überladenen Hängebrücke und in Panik hielten sich die Menschen am letzten verbliebenen Seil der Brücke fest und warteten auf ihre Rettung. Für neun Schaulustige kam jedoch die Hilfe zu spät; sie stürzten von der Hänge-brücke in den Tod.

Dadurch, dass sie das Unglück mit ansehen musste, erschrak die Selbstmörderin und konnte von Polizisten vom Abhang weggerissen werden. Mit einem Schock wurde sie in eine Klinik in Ho-Tschi-Min-Stadt gebracht.

Strelitz schreibt den: Monolog eines Frotteehandtuchs während eines Saunabesuchs

Scheiß heiß hier. Und der Dicke, mit dem ich hier in die Sauna gekommen bin, dem läuft der Schweiß schon in Strömen. Wenigsten duschen hätte er sich mal können. Dann wär mir jetzt wenigstens schon ein wenig kühler. Aber nein, er hat wieder einmal nur simuliert. Dusche an, gekuckt ob niemand zuschaut, einmal schnell benetzt und dann die Dusche wieder aus. Hauptsache, dass ein paar Wasserperlen auf der Haut sind. Und dann nichts wie ab in die Sauna. Also, ich finde das sowieso ziemlich ungerecht, dass ich in der Sauna meistens weggelegt werde und nichts davon mitbekomme, was abgeht. Sehen kann ich zwar nichts, aber fühlen. Einmal hat mich ein junges Mädchen genommen und ihren ganzen Körper mit mir abgerubbelt. Das war toll. In was für Kanten und Ecken ich da gekommen bin.

Als sie fertig war, hat sie mich wieder zurückgelegt, als sei nichts geschehen. Dann kam mein Dicker und hat sich gewundert, dass ich schon ganz schlapp war. Aber es kann auch ganz anders kommen. Beim vorletzten Mal hat mich eine ältere Frau gepackt und gezwungen, Dinge zu machen, die ich freiwillig niemals mitgemacht hätte. Zum Beispiel mehr als eine Minute lang ihr den Rücken schrubben und danach noch ihre Zähne dazu. Und als mein Besitzer kam, tat sie so, als könne sie nicht mehr richtig sehen, sagte: Ach, das ist ja gar nicht mein Handtuch und redete sich raus. Da hab ich geschrieen: Alles geschwindelt - die Frau lügt! Aber keiner hat mir geholfen.

Aber ich bin ganz froh, dass ich bei meinem Dicken bin. Vorher war ich bei zwei Brüdern. Der eine hatte mich zum Geburtstag geschenkt bekommen, aber es hat ihm nie jemand gesagt, dass ich ein echtes Saunahandtuch bin. Die zwei haben sich immer gestritten und dann wurde ich gerollt und ich durfte losdreschen. Mann, hat das weh getan. Einmal schlug ich einem eine blutige Nase. Die hat er sich dann auch noch auf mir abgewischt. Oder ich wurde als Strandtuch benutzt. In den Dreck gezogen oder einmal sogar verbuddelt. Das war’s dann. Zwei Tage lag ich im Sand, dann holte mich der Verbuddler wieder raus. Es war ein Freund der beiden Brüder. Der legte mich in seiner Badewanne in Wasser und Waschmittel ein und säuberte mich. Nach dem Trocknen war ich ganz platt. Dann brachte er mich auf einen Flohmarkt und verkaufte mich für drei Euro an meinen Dicken.

Seitdem gehe ich regelmäßig einmal im Monat mit ihm in die Sauna und gehe dort meinen Pflichten nach. Denn ich muss ja meinem Retter dankbar sein, dafür, dass er mich hierher geholt hat. Da wo ich vorher war, gab es für mich keine Zukunft. Jetzt aber, da habe ich die Chance, dass mich einmal ein berühmter Sportler mitgehen lässt um mich im Fernsehen zu benutzen. Einmal nur in Wimbledon im entscheidenden Satz des Finales, kurz vor dem Matchball, über dem Kopf des späteren Siegers liegen und den Moment genießen; das wäre mein Traum. Und für diesen Traum werde ich hart arbeiten. Ich bin mir sicher, dass ich es schaffen kann. Jawohl, ich werde es schaffen. Hallo Deutschland, hier ist das Original-Handtuch aus dem Wimbledon-Finale 2003. Hallo, wollen Sie nicht aufstehen und mich zu sich nehmen. Hallo, mein Herr, hier bin ich ...

(Nachtrag: Dies wurde geschrieben als Auftragstext für Christine Paul)

Strelitz lebt in einer: Kleinstadt

"Ich lebe in einer Kleinstadt,
die mir alles gibt und alles hat
was ich zum Leben brauch'.
Diese Kleinstadt ist mein Nabel,
der mich nährt und festhält
bis ans Ende aller Zeit.

Manchmal leg ich mein Ohr ins Gras,
dann hör ich dies und hör das
was auf der Welt so geschieht.
Manchmal lieg ich im Regen und denke:
Hier komm ich niemals mehr weg.

Ich lebe in einer Kleinstadt,
in der ich aufwuchs und die mir das gezeigt hat,
was ich zum Leben brauch'.
Diese Kleinstadt ist mein Babel,
wir beide reden aneinander vorbei
und sind uns doch so nah.

Manchmal find ich ein Ohr im Gras,
ich bücke mich, heb es auf, steck es ein
und erzähle niemandem davon.
Manchmal denk' ich Van Gogh ist nah,
doch hier kann mir nichts passieren.

Ich lebe in einer Kleinstadt,
und frage mich gelegentlich,
ob man mich versteht.
Diese Kleinstadt ist mein Kabel,
ist mein Ohr, mein Radio, Hollywood, Big-Brother-Show
und das alles live und unzensiert.

Manchmal mähe ich das Gras,
ich mach das nur so zum Spaß
und zum Zeitvertreib.
Manchmal lieg ich im Regen und denke:
Diese Stadt lässt mich niemals mehr los."