Dienstag, 9. März 2010

Strelitz sucht seine: Sehhilfe

Wann war seine Frau gleich zu Bett gegangen? War es 3 Uhr 27 oder 27 Uhr 3 gewesen? - Egal, dachte Strelitz, jedenfalls schläft sie fest. Nach schlecht besuchter Nacht und einem endlosen Walzer von links nach rechts (immerhin waren es zur Mitternacht draussen noch satte 28 Grad gewesen) war Strelitz um kurz nach 5 Uhr aufgewacht. "Schon wieder eine Nacht gut überstanden," freute er sich und bemerkte sogleich, dass seine Brille nicht mehr da war. Kein Problem für einen wie ihn, irgendwo wird sie schon sein und Strelitz begab sich auf die Suche.

Dass "Kein Problem" durchaus zu einem solchen werden konnte, zeigte sich schon bald, denn zum einen ist es 5 Uhr früh erfahrungsgemäß noch recht diesig und andererseits könnte man die Brille, indem man eine aufsetzt, durchaus leichter wieder auffinden als ohne.

Im Wohnzimmer des ersten Stockes lag sie nicht. Jedenfalls nicht auf dem Tisch. Dass er selbst gestern abend auf dem Sofa gelegen hatte, daran konnte Strelitz sich noch schemenhaft erinnern. Aber, dass er seine Brille abgesetzt hatte, das wusste er. Aber wo?

Im Bad kein Anzeichen von der Sehhilfe; leichte Magenkrämpfe machten sich breit, aber "Erst die Arbeit dann das Vergnügen" wie es so schön heißt. Strelitz suchte weiter nach der Brille. Noch einmal nach oben in das Schlafgemach und alles dortabgesucht. Nichts! "Wo bist Du meine liebe Brille", versuchte er das verlorene Stück zu umkosen, so wie er es einst 1986 getan hatte, obwohl das auch damals nichts half. Im Winter 1986 war ihm seine Brille in den Schnee gefallen und erst im Februar wieder aufgetaucht - zerkratzt und zerschunden.

Also begab sich Strelitz wieder nach unten, die Magenkrämpfe hatten an Intensität zugeommen, und suchte alles im Halbdunkel ab. Licht konnte Strelitz nicht anmachen, denn getreu seinem vergnüglichen "Erst die ..."-Arbeitsmotto hatte er nichts an seinem Leib außer seinen Körperhaaren und die Fenster des HAuses waren weit geöffnet.

Eine neue Runde der Suche schloss sich an, durch das Wohnzimmer, das Esszimmer, dann den Flur, das Büro, das Schlafzimmer, das Bad, die Küche und all die anderen Orte, an denen Strelitz am vergangenen Abend überhaupt nicht war, drei Stockwerke auf und ab in der vagen Hoffnung, dass sich die Brille wiederfinden würde, weil ein Traumtier sie hier oder dort hin verschleppt hatte; Lösegeldforderungen waren indes bisher nicht vernommen worden.

Die Magenkrämpfe nahmen jetzt rapide überhand und Strelitz tappte erneut ins Halbdunkel des Bades. Er setzte sich nieder, befreite seinen Körper von einigen Ballaststoffen ... und plötzlich sprach Gott zu ihm.

"Du wirst die Brille wiederfinden. In den nächsten zwei Minuten." (Man muss dazu anmerken, dass Gott gerne zu Strelitz sprach und meistens hatte er echt was zu sagen). Strelitz dachte noch leicht skeptisch: "Heutzutage kann sich in meinem Hirn doch so gut wie jeder als Gott aufspielen", da bewegte sich die Badtür sanft nach vorn und ebenso sanft auch wieder zurück. Und zwar nicht von Geisterhand.

Das war Beweis genug: Strelitz säuberte seinen Allerwertesten, ging schnurstracks ins Wohnzimmer und dort sah er seine Brille liegen: auf dem Rückenteil des Sofas. "Perfektes Timing, Gott", sagte er und schon ein ehrliches "Vielen Dank" nach. Und Strelitz schwor dem Allmächtigen, zu dessen Ehren heute jede Menge Bounty zu essen. Und das ohne Meuterei.

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