Dienstag, 16. März 2010

Strelitz begleitet HRK 2003: (5) Der Merseburger Abend

14. Juni 2003: "Gelegen zwischen Leipzig, Halle, Jena ist die reichhaltige Bibliothek des Domcapitels zu Merseburg von Gelehrten oft besucht und genutzt worden. Alle sind an einem Codex vorübergegangen, der ihnen, falls sie ihn näher zur Hand nahmen, nur bekannte kirchliche Stücke zu gewähren schien, jetzt aber, nach seinem ganzen Inhalt gewürdigt, ein Kleinod bilden wird, welchem die berühmtesten Bibliotheken nichts an die Seite zu setzen haben." Strelitz kannte diese Einleitung von Jacob Grimm und wusste dass sie den von Georg Waitz bei einem Studienaufenthalt in Merseburg entdeckten zwei Zaubersprüchen aus dem 9. Jahrhundert galten. In den Sprüchen wurden Zauberformeln angewendet "...einige zerrten an den Fesseln, entspring den Haftbanden, entfahr den Feinden!". Oder man konnte sein Pferd mit ihnen heilen: "Da ward dem Fohlen Balders der Fuß verrenkt. Da besprachen ihn Sinthgunt und Sunna, da besprachen ihn Frija und Volla. Da besprach ihn Wodan, wie nur er es verstand: So Knochenrenke wie Blutrenke wie Gliedrenke: Bein zu Bein, Blut zu Blut, Glied zu Gliedern, als ob geleimt sie seien!" Eine Sensation in Deutschland zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Und Strelitz wusste dass sie -richtig angewandt- immer noch ihre Wirkung versahen.

In vier Stunden sollte Heinz Rudolf Kunze vor dem Merseburger Schloss am Domplatz auftreten, doch es regnete in Strömen. Strelitz war klar, dass er etwas unternehmen musste um nicht in Gefahr zu geraten, so zu enden, wie der Kammerdiener des Bischofs Thilo von Trodte, dem einstmals ein Ring abhanden kam und der deshalb seinen Kammerdiener hinrichten lies. Jahre später entdeckte ein Schieferdecker den Ring in eines Raben Nest auf dem Turm der Domkirche, weswegen der Bischof den Tod seines Dieners sehr bedauerte.

Strelitz hatte vorgesorgt und alles gut vorbereitet. Um 16 Uhr 16 stellte er sich (als kleiner Tribut an seinen Nachnamen) neben die Jesus-Plastik vor der Stadtkirche St. Maximi und begann den dritten, bisher noch unentdeckten, Merseburger Zauberspruch zu murmeln: "Regen, Regen, sollst dich regen und nicht stören das Konzert." Und es gelang. Bis zum Ende des Konzertes im Schlosshof fielen nur noch winzige Tröpfchen vom Himmel; alle konnten HRKs 'Rückenwind' erstmals unter freiem Himmel und ohne Regenguss erleben.

Thommy Schminke vom HitRadioBrocken ("Wir haben die letzten Tage so oft Heinz Rudolf Kunze gespielt, dass sich die Grönemeyer-Fans schon beschwert haben...") heizte den Zuschauern mit seinen 'Spielen zum Anfassen' so stark ein, das Kulturamtsleiter George sogar etwas ins Schwimmen kam und die Fans auf dem "...Schalosspalatz..." begrüßte. Um 20 Uhr 32 wurde dann schnell noch Heinz' Teleprompter montiert, den man im Eifer des Gefechtes vergessen hatte, und bereits 20 Uhr 33 konnte es losgehen.

Für den nominellen Drummer, der an diesem Abend bei seiner nominellen Band 'Rosenstolz' spielte, hatte Heinz direkt aus Monaco Prinz Albert einfliegen lassen, der unter dem Tarnnamen Martin Langer zeigte, dass man mit viel Üben zwar noch keinen Rock’n’Roll auf die Bühne bringt, dafür aber das Tourprogramm fast fehlerfrei nachspielen kann. Der Meister selbst hatte seine Haarpracht etwas gekürzt, wirkte bestens gelaunt -fast wie ein frisch verliebter Teenager- und brachte souverän seinen Auftritt über die Bühne. Bei 'Es ist nicht wie du denkst' und 'Schön und gut' überraschte er sich sogar selbst mit neuen Textvariationen und sprach Killroy dafür einen Dank aus. Nicht nur zu Strelitzs Überraschung widmete er Mölle- und Friedmann sein Lied 'Wozu Feinde' und lies diesmal 'Ich hasse Dich' zugunsten des neuen 'Dabei sein ist alles' aus. Um 22 Uhr 50 erschien Heinz dann mit neuem 'Little Richard'-Sakko auf der Bühne und beendete 23 Uhr 10 unter frenetischem Jubel seiner Fans seinen Auftritt im wohl schönsten Ambiente der gesamten 'Rückenwind'-Tour. Danach mischte sich Strelitz unter die Schar der Autogrammjäger und tatsächlich schrieb ihm Heinz eine kleine Widmung in seine kleine blaue Kladde: "HRKunze 14.6.2003".

Zum Dank stellte sich Strelitz kurz vor Ende des Tages vor den Burggraben und spielte Heinz zu ehren seinen Evergreen von den 'Kinks':

"Ich hab versucht so zu leben und zu denken
wie man das von mir verlangt.
Aber trotzdem seh‘ ich doch
wie die Dinge funktionieren
seh' wie die Welt erkrankt.

Ich mag den ganzen Trubel nicht mehr
die Politik und den Verkehr.
Ich will in den Dschungel
denn da komm ich her:
Ich bin ein Affe.

Ich bin ein A
bin ein A-F-F-E.
Ich bin ein Affe.
Manchmal King Kong
dann wieder Schimpanseh.
Ich bin ein Affe.
Ich muss alles anfassen
was ich seh',
ich lauf barfuss
durch den dicksten Schnee.
Tret' in jeden Fettnapf
wohin ich auch geh':
Ich bin ein Affe.
La la la la lalla laaa - lall lalla laa"


Und so endete Strelitzs Wegstreckenbegleitung der 'Rückenwind'-Tour mit einem Blick zurück in den Spiegel der Zeit.

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