Freitag, 12. März 2010

Strelitz und: Die Postwurfsendung

“ПОСЛЕ НАС ХОТЬ ТРАВА НЕ РАСТИ“ / “Nach uns mag kein Gras mehr wachsen.”
[Russisches Sprichwort]

“American and United Airlines ... Flying You Straight Into Your Office”
[Faf Ybbraw auf www.faf.ghanaba.net 2001-09-20]

Keine Frage, Spams sind lästig. E-Mails noch und noch und noch schlimmer war das, was im Sommer 2001 geschah. Auch keine Frage: Es muss einfach irgend jemanden geben, der eine gewisse lose Schuld daran hatte ... und das kam so:

Strelitz hatte eine neue Internetdomain entdeckt: www.homepageteller.nl. Was auf dem Homepageteller so alles angerichtet werden konnte, das weckte zudem seine latent natürliche Neugier. Nicht unbedingt die durchaus falsch zu verstehende Aufforderung “lecker download hem nu” machte ihn zwar hungrig auf Neues, aber die Möglichkeit mit der 'WayBackMachine' von www.archive.org in die Vergangenheit zu reisen toppte die Verlockung um Längen. Zuerst sah sich Strelitz natürlich die ältesten Seiten von www.deutschland.de und www.mtv.de an (was sehr überraschend war), stieg dann auf www.whitehouse.gov um, deren Ursprünge im worldwideweb.archive beim 27. Dezember 1996 lagen.

Strelitz gab “public enemy” ein und erhielt 38 Antworten. Eine gefiel ihm besonders: "bin im Laden" (mailadress: obl@torawabora.com). Spontan entschied sich Strelitz zu antworten. Dazu musste aber eine unauffällige E-Mailadresse her. Unauffällig und nichtssagend, obwohl trotzdem überzeugend. Strelitz entschied sich dafür, eine E-Mailadresse beim größten Massenbüro der USA zu bestellen: dem World Trade Center.

Die Adresse zu bekommen war dabei einfach genug. Die Seiten des WTC in der “WayBackMachine” reichten bis zum 6. Dezember 1998 zurück. “You can instantly obtain a memorable e-mail address@ worldtradecenter.com for only US$4 month...regardless of which Internet provider you use.” Na denn dachte sich Strelitz und klickte auf die Taste “Here's how!”. Und es ging schneller als schnell. “It's fast and easy to get a worldtradecenter.com e-mail alias, but first you have to pay US$48.” Strelitz zahlte via Mastercard und durfte nur Minuten später seine E-Mailadresse selbst wählen. Er wählte cia@worldtradecenter.com. Eine Stunde später kam die Registrierungsbestätigung.

Den Text für seine erste CIA-Mail hatte Strelitz schon im Kopf. “I think I spider, you are really im Laden.” schrieb er an obl@torawabora.com. Die Antwort, die ihn am nächsten Tag erreichte war eindeutig und unmissverständlich: “Get out of this line.” Das lies sich Strelitz allerdings nicht so einfach verbieten und er schieb eine weitere E-Mail an die bekannte Adresse. “You are heavy in trouble, because we are heavy on wire.” 11 Worte, die die Welt verändern sollten. obl@torawabora.com antwortete mit nur einem Satz: “Adjust the START and END dates to limit your life to a specific timeframe.” - Strelitz bekam es mit der Angst zu tun. “Nein” schrieb er zurück und brach den Kontakt sofort ab.

Noch Wochen später rätselte man in Afghanistan über die Bedeutung der 11 Worte und dem Schlußwort ‚Nein‘, offensichtlich ein Schreibfehler der Amerikaner für “nine”. Sheik Omar wollte die Zahl 99 herauslesen; umgedreht 66 also eine Teufelszahl. Andere Mitstreiter für den Sieg des Islam wiesen auf die Bedeutung des 9. 11. In der Bundesrepublik Deutschland hin (und ahnten kaum, wie nah sie damit Strelitz vom Grunde her schon auf den Fersen waren). OBL aber entschied anders. “Sie haben uns Datum und Ort genannt.” sagte er und so geschah es.

Strelitz hatte derweil ein russisches Spamprogramm gestartet unter dem Namen ‚PutinsPudding‘. Ein Schneeballsystem sorgte in der Folge dafür, dass seine Spuren im www langsam aber sicher verwischt wurden. Es gelang ihm sogar die Zahlung für die E-Mailadresse wieder zurückzubuchen, weshalb seine Mailadresse daraufhin sofort gelöscht wurde. Übrigens genau in dem Moment, als sich OBL dazu entschieden hatte, den Ungläubigen auf der anderen Seite des Erdballs noch eine letzte Chance zu geben. “I stop the destruction, if you excuse yourself immediately.” schrieb er an den cia@worldtradecenter.com.

Strelitz gab derweil unverzüglich die Adresse der Kunze-Homepage ein und beim dritten Versuch klappte es; als “Abschied muß man üben” erschien, wusste er: Ich bin wieder zurück im Juli 2001. Erschöpft aber doch glücklich legte er sich zu Bett...nicht ahnend, dass sich Millionen und Abermillionen von E-Mailbriefkästen langsam aber sicher mit Post zu füllen begannen. Vladimir Putin war ‚not amused‘, vor allem, weil als Zweitabsender von ‚PutinsPudding‘obl@torawabora.com angegeben war. “ВСЯКОМУ ТЕРПЕНИЮ БЫВАЕТ” schrieb er an OBL, gab aber als Absender nochmals cia@worldtradecenter.com ein: “Jede Geduld hat ein Ende”.

Vier Monate später erklärte Osama Bin Laden den USA den Krieg, weil er in seinem Netzpostfach obl@torawabora.com außer Putins CIA-Nachricht keine weitere Mail erhalten hatte. Wie auch, wo CIA, NATO, der Warschauer Pakt, OECD, die OPEC und der Kreml immer noch damit beschäftigt waren ihre eigenen Postfächer zu säubern. “I hope they‘ll get the fucker.” soll OBL gesagt haben, als Anfang September 2001 zwei Flugzeuge nacheinander den Hudson entlang flogen. Kurz zuvor hatten die Betreiber des WTC Strelitz als Urheber der Spamwelle des WTC ausfindig gemacht und wollten noch am Nachmittag Rechtsanwälte damit betrauen, ihn für den angerichteten Imageschaden verantwortlich zu machen. “Der Kerl ist erledigt” sagte der Sicherheitschef des WTC. Und in diesem Moment war es Strelitz ohne es zu wissen tatsächlich. Einen weiteren Moment später aber sah die Welt schon ganz anders aus.


(Nachtrag des Autors: Inzwischen sind die Internetseiten des WTC aus der Zeit vor dem 11. September 2001 aus dem Archiv der WAYBACKMACHINE gelöscht worden!)

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